Fachärztliche Beratung
flexibel
sicher
wissenschaftlich fundiert
+41 61 588 00 20
support@enmedify.ch
Registrieren / Anmelden
Country:
Language:
Zurück
HomeBlog
Nervenschmerzen und das Endocannabinoid-System
November 17, 2025
enmedify health Arzt
Inhalt

Nervenschmerzen und das Endocannabinoid-System

Wenn Schmerz zum eigenständigen Signal wird

Neuropathische Schmerzen gehören zu den komplexesten Krankheitsbildern der modernen Medizin. Anders als bei akuten Verletzungen ist häufig nicht mehr das Gewebe selbst die Ursache, sondern eine veränderte Signalverarbeitung im Nervensystem. Reize werden weitergeleitet, obwohl keine unmittelbare Schädigung mehr vorliegt.

Die leitlinienbasierte Therapie setzt in solchen Fällen meist auf Medikamente, die die neuronale Reizweiterleitung dämpfen, etwa Antikonvulsiva oder bestimmte Antidepressiva. Für einen Teil der Patienten ist dieser Ansatz hilfreich. Andere berichten jedoch über unzureichende Wirkung oder relevante Nebenwirkungen, die den Alltag zusätzlich belasten.

Warum die Forschung zunehmend breiter denkt

In der wissenschaftlichen Diskussion wird neuropathischer Schmerz heute nicht mehr als rein lineares Problem betrachtet. Vielmehr rückt die Modulation komplexer regulatorischer Systeme in den Fokus – darunter auch das körpereigene Endocannabinoid-System (ECS).

Das ECS ist ein physiologisches Regulationsnetzwerk, das unter anderem an der Steuerung von Schmerzverarbeitung, Entzündungsreaktionen und neuronaler Balance beteiligt ist. Es wirkt nicht über einen einzelnen Rezeptor, sondern über ein Zusammenspiel mehrerer Signalwege.

Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass die Forschung zunehmend jenseits isolierter Einzelsubstanzen arbeitet.

Aktuelle Forschungsansätze: Mehr als ein Wirkmechanismus

Cannabigerol (CBG) und Rezeptorinteraktionen

CBG wird in der wissenschaftlichen Literatur häufig als Vorstufe anderer Cannabinoide beschrieben. Forschungsarbeiten untersuchen seine Affinität zu verschiedenen Rezeptorsystemen, darunter auch Strukturen, die in der klassischen Schmerzmedizin bereits bekannt sind. Im Fokus steht die Frage, wie solche Moleküle physiologische Prozesse beeinflussen, ohne eine ausgeprägte psychoaktive Wirkung zu entfalten.

Cannabinol (CBN) und neuronale Regulation

Chronische Nervenschmerzen gehen häufig mit Schlafstörungen einher. CBN ist ein Abbauprodukt von THC, dessen Bindungseigenschaften an periphere und immunologische Rezeptoren derzeit intensiv untersucht werden. Ziel dieser Forschung ist es, besser zu verstehen, welche Rolle einzelne Cannabinoide in komplexen Regulationsprozessen spielen könnten.

Das Konzept des „Entourage-Effekts“

Ein zentraler Diskussionspunkt in der Phyto-Pharmakologie ist die Annahme, dass kombinierte Pflanzenextrakte andere Eigenschaften aufweisen als isolierte Reinsubstanzen. Dieses Zusammenspiel verschiedener Inhaltsstoffe wird als „Entourage-Effekt“ beschrieben und ist Gegenstand laufender Forschung.

Im Unterschied zu früheren Jahren können in der Schweiz heute auch standardisierte Vollspektrum-Rezepturen ärztlich verordnet werden, sofern eine medizinische Beurteilung dies rechtfertigt.

Was diese Entwicklungen für Patienten bedeuten können

Wenn neuropathische Beschwerden unter klassischen Monopräparaten nicht ausreichend kontrollierbar sind, stellt sich aus medizinischer Sicht häufig die Frage, ob andere regulatorische Ansatzpunkte geprüft werden sollten. Die aktuelle Forschung liefert hierfür theoretische Grundlagen, ersetzt jedoch keine individuelle ärztliche Bewertung.

Seit der Gesetzesänderung im August 2022 liegt die Entscheidung über solche Behandlungsansätze in der Schweiz vollständig in ärztlicher Verantwortung. Es handelt sich dabei nicht um Standardtherapien, sondern um individuelle medizinische Erwägungen bei komplexen oder therapieresistenten Verläufen.

Ärztliche Einordnung statt Selbstdiagnose

Die biochemischen Zusammenhänge des Nervensystems sind komplex. Patienten müssen diese nicht im Detail verstehen, um eine fundierte medizinische Einschätzung zu erhalten. Entscheidend ist eine strukturierte ärztliche Betrachtung des Beschwerdebildes, der bisherigen Therapieversuche und möglicher physiologischer Ansatzpunkte.

Digitale medizinische Angebote können hierbei den Zugang zu ärztlicher Beratung erleichtern. Plattformen wie enmedify health stellen dafür eine technische Infrastruktur bereit. Die medizinische Entscheidung selbst erfolgt unabhängig, individuell und ausschließlich durch den behandelnden Arzt.

Fazit

Neuropathische Schmerzen zeigen, dass nicht jedes Krankheitsbild mit einem einzigen Wirkprinzip ausreichend adressiert werden kann. Die pharmakologischen Konzepte haben sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt, und die wissenschaftliche Diskussion betrachtet zunehmend komplexe Regulationsmechanismen.

Das bedeutet nicht, dass für jeden Patienten neue Wege sinnvoll sind. Es bedeutet jedoch, dass „es gibt keine Optionen mehr“ heute seltener eine medizinische Endstation darstellt als noch vor wenigen Jahren.

Hinweis

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information über medizinische Grundlagen und den rechtlichen Rahmen in der Schweiz. Er stellt keine Therapieempfehlung dar und ersetzt keine ärztliche Beratung. Medizinische Entscheidungen erfolgen individuell und gemäss den geltenden gesetzlichen Vorgaben (BetmG, HMG, Swissmedic).

enmedify health Arzt

enmedify health besteht aus einem Team von führenden Ärzten und Ärztinnen mit jahrelanger Erfahrung, u.a. auch in der Therapie mit pflanzlichen Präparaten wie z.B. medizinischem Cannabis. Unsere Ärzte und Ärztinnen sind spezialisiert auf eine Vielzahl von Indikationen und verfügen über umfassende Erfahrung in der ganzheitlichen Medizin.

Ähnliche Artikel
Patientenwissen & Praxiswissen
ADHS im Erwachsenenalter
November 10, 2025
Was tun, wenn Standardtherapien nicht ausreichen?
Patientenwissen & Praxiswissen
Chronische Rückenschmerzen
November 3, 2025
Chronische Rückenschmerzen lassen sich nicht standardisieren. Die medizinischen Rahmenbedingungen jedoch schon.